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Parodien >> Bitte haben Sie viel Spaß!

Sein Quartier war das reinste Chaos. Es übertraf sogar das Bild seiner New Earth Unterkunft, nachdem der Plasmasturm über den Planet gewütet hatte. Chakotay stand in legerer Zivilkleidung vor seinem Bett, auf dem er den Inhalt eines ganzen Schubfaches entleert hatte. "Irgendwo muß es doch sein!" Fieberhaft wühlte er in dem Wirrwarr aus Daten - und Pokerchips, alten PADDs und anderen unsortierten Dingen, die sich im Laufe der Zeit angesammelt hatten. Bis seine Finger endlich einen gelben, länglichen Datenchip entdeckt hatten. "Na also!" murmelte Chakotay erleichtert.

<HISS>

Chakotay wandte sich überrascht zur Tür, die gerade Captain Kathryn Janeway Einlaß geboten hatte. "Kathy!"

"Hi!" Sie zog das Wort in die Länge. Ein hinterhältiges, aber umwerfend süßes Grinsen - wie Chakotay zugeben mußte - schien auf ihrem Gesicht festgewachsen. Sie trat näher und küßte den Mann ihrer Träume verspielt auf die Wange. Das Grinsen blieb das gleiche. Chakotay betrachtete sie mißtrauisch. "Was ist?" fragte er herausfordernd und versuchte ein Grinsen seinerseits zu unterdrücken. Kathryn nahm seine Hand, sah ihn an und sagte: "In zwei Stunden bist du dran!" Und das Unmögliche geschah - ihr Grinsen wurde noch breiter, hämischer. Chakotay zog eine gepeinigte Miene und ließ sich resigniert auf sein Bett fallen. Kathryn setzte sich zu ihm auf die Bettkante und beobachtete ihn. "Es war nicht nötig mich daran zu erinnern!" sagte Chakotay trotzig und versuchte so gequält wie möglich zu klingen.

Er haßte Talenteabende. Nun, eigentlich stimmte das nicht. Er mochte sie. Aber sobald er eine aktive Rolle in einer dieser moralfördernden Unterhaltungsshows, die Neelix organisierte und moderierte - das ließ er sich nicht nehmen, übernehmen sollte, entwickelte er eine tiefe Abneigung gegen derartige Veranstaltungen.

Was hatte er nicht alles versucht, um sich davor zu drücken. Er hatte Migräne simuliert, nur um vom Doktor - vor Kathryns Augen - über Hypochondrie aufgeklärt zu werden. Er hatte Termine vorgeschoben, die Kathryn allesamt verlegte. Er hatte das romantischste Abendessen für Kathryn und sich organisiert, nur um von ihr zu hören, daß sie sich auf keinen Fall bestechen lassen würde. Auch eindringliches Bitten und das Aufführen Untalentiertheit bezeugender Argumente halfen nichts. Sie wollte ihn auf dieser Bühne sehen.

Und in zwei Stunden würde es soweit sein.

> Reiß dich zusammen Chakotay! Du schaffst das! <

Er richtete sich auf und sah in blaue, unschuldig blickende Augen. Ein flehender Augenaufschlag machte Kathryns Miene perfekt. Chakotay ging nicht darauf ein. Verärgert pikte sie ihm einen Finger in die Seite, nur um dort (mehr oder weniger) stahlharte Muskeln zu spüren. Sie seufzte. "Komm schon, Chakotay! Seit drei Wochen weißt du, daß heute Abend dein großer Auftritt ist und du hast mir immer noch nicht verraten, was du uns *darbieten* wirst!" Chakotay lächelte. Er mochte es sie so zu sehen. Machte ihn das zu einem sadistischen Schwein?

"Ich wollte gerade in Holodeck zwei gehen, um meiner *Darbietung* den letzten Schliff zu geben." "Dazu brauchst du ein Holodeck? Du weißt, daß der Abend im Casino..."

"Ja, ja, ich weiß. Es geht mir nur darum vom holographischen Original noch besser abzukupfern. Und dieses Programm..." - er hielt den Datenchip demonstrativ hoch - "...sollte mir dabei helfen. Du bist herzlich eingeladen es dir mit mir anzusehen." Chakotay erhob sich und vollführte eine einladende Geste. "*Ansehen?*" fragte Janeway neugierig und folgte Chakotay zur Tür. "Was ist es?" 

Er lächelte geheimnisvoll. "Ein Comedyprogramm. Ein exzentrischer Künstler des 20. Jahrhunderts. Ich denke es wird dir gefallen!"

  

  

Durch das Casino ging ein leiser werdendes Klatschen, nachdem Fähnrich Vorik ein 12seitiges Gedicht von Surak rezitiert hatte. Es steckte voller Selbsterkennung und Weisheit, aber die sterile Wortwahl und diese penetrante Detailliertheit... Vulkanier waren lausige Dichter.

"Vielen Dank Fähnrich. Das war sehr...inspirierend!" Neelix lächelte Vorik, der inzwischen wieder im Publikum Platz genommen hatte, aufmunternd an. "Und nun, meine Damen und Herren, etwas worauf wir schon lange gewartet haben. Commander Chakotay mit einer weiteren Rezitation, eines eigenwilligen Künstlers. Folgendes soll ich Ihnen sagen: Bitte haben sie viel Spass!" Verwirrt durch die Wortwahl runzelte Neelix die Stirn, während er die Bühne für den Commander freimachte. Janeway lächelte erwartungsvoll.

Endlich betrat er die Bühne. Er sah eigenartig aus. Bekleidet mit einer lächerlichen, schwarzen Lockenkopf-Perücke baute er sich vor dem verwirrten Publikum auf. Es herrschte absolute, schockierte Stille. Janeway schlug sich eine Hand vor den Mund und versuchte mit allen Mitteln dem unbändigen Verlangen eines Lachanfalls nicht nachzugeben.

Chakotay zeigte keinerlei Anzeichen von Nervosität. Mit dieser Reaktion hatte er gerechnet und er genoß die Situation. Er versuchte ernst zu bleiben, setzte den dümmlichsten Gesichtsausdruck auf, von dem er dachte, das er in etwa an das Original herankam, machte eine theatralische lange Pause und begann dann zu sprechen - mit einem verzerrten, unzurechnungsfähig klingenden Akzent.

"Ein Raaaabe.....(Pause)

...ging im Feld...spazieren!

(Pause)

Daaaa....

...fällt der Weizen um!"

(lange Pause)

(Die Führungsoffiziere tauschten verwirrte Blicke.)

"Tja, nich Rilke, aber dafür....kurz!

Tschüs!"

Er wandte sich abrupt um und verließ die Bühne.

Es war totenstill im Casino. Alle Anwesenden tauschten verständnislose Blicke. Besonders die Führungsoffiziere versuchten ergebnislos irgendeinen Sinn in dem gerade erlebten Schauspiel zu erkennen.

Nur ein unverwechselbares Geräusch unterbrach jäh die Stille: das schallende Lachen von Captain Kathryn Janeway, die Mühe hatte sich auf ihrem Stuhl zu halten.

  

  

Dreißig Minuten später war es im Casino alles andere als leise. Stimmengewirr, Lachen und das leichte Klirren von Gläsern durchfluteten den Gesellschaftsraum der Voyager. Die After-Show-Party war wohl ein voller Erfolg.

"Hm, Chakotay, was hatte ihre...Vorstellung eigentlich zu bedeuten?" wandte sich B'Elanna an den Ersten Offizier und kniff andeutungsweise ihre Augen zusammen. Ein Blick, der signalisieren sollte, daß sie keine Ausflüchte duldete.

"Nun..." sagte Chakotay gedehnt und seine Stimme nahm wieder diese schizophrene Klangfärbung an. Janeway lächelte. Das versuchten die restlichen Führungsoffiziere, die alle am selben Tisch Platz genommen hatten, auch. Aber man konnte ihre Irritation deutlich erkennen. "Es ist eine seltsame - aber sehr ansprechende - Art von Humor eines Komikers der Erde, spätes 20. Jahrhundert." erklärte Janeway hilfsbereit, als sie sah wie verwirrt ihre wichtigsten Offiziere waren. Tom hob bei ihren Ausführungen verwundert eine Augenbraue. Spätes 20. Jahrhundert?

"Er nannte sich Helge Schneider oder wahlweise auch Helga Maria Schneider..." Chakotay und Janeway tauschten einen amüsierten Blick, während Tom sich hundertprozentig sicher war, daß er noch nie etwas von diesem...oder dieser? Schneider gehört hatte.

"Ich hatte ein Holoprogramm einer seiner Shows vor ca. 8 Jahren von einem fetten Ferengi gekauft." erläuterte Chakotay weiter. "Und ich war begeistert. Als ich dann zu einem Auftritt heute Abend gezwungen wurde..." Er richtete einen trotzigen Seitenblick auf Kathryn.

<KLangfärbung>

"...Tja. Was sollte ich tun? Ich wußte es nicht!" Kathryn lachte. "Ich erinnerte mich dann aber plötzlich - es war eine tolle, überwältigende Idee - an dieses wundervolle Programm. Und was dabei herauskam, tja, da kamen Sie ja alle in den Genuß meiner bezaubernder Vorstellung!" Tom blinzelte verwirrt, als er merkte wie seltsam dieser Humor wirklich war. Und offenbar hatte Chakotay Janeway mit diesem Verhalten angesteckt.

"Wie dem auch sei Chakotay..." warf der Pilot der Voyager ein. "Sie haben auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen!" "Genau!" bekräftigte B'Elanna. "Ich weiß nicht, ob die unteren Ränge Sie jemals wieder ernst nehmen können, nachdem sie Sie mit dieser lächerlichen Perücke gesehen haben!"

Eine Bemerkung, die zur Abwechslung einmal alle amüsierte.

"Tja, das ist schon albern!" erwiderte Chakotay und versuchte dabei erst gar nicht das Lachen der Senioroffiziere zu übertönen. Er hatte jedenfalls nicht vor sich diesen Humor nehmen zu lassen -- zumindest nicht heute abend.

"Ja! Aber was soll man machen? Das ist halt albern!" ergänzte Kathryn ihn. Wieder wechselten sie einen amüsierten Blick. Ein leises, simultanes Seufzen ging von den Führungsoffizieren aus. Damit würden sie wohl noch eine Weile zu kämpfen haben...

"Commander, Ihre Vorstellung heute abend hat mir sehr gut gefallen." sagte Janeway und setzte sich einmal mehr an diesem Tag zu Chakotay auf das Bett in ihrem Quartier. Es war spät geworden und sie hatten die Party vor einer halben Stunde verlassen. Der Indianer lag halbnackt - mit hinter dem Kopf verschränkten Armen - auf dem Bett und hatte ein selbstzufriedenes Lächeln aufgesetzt.

"Sie haben Talent. Davon würde ich gerne mehr sehen. Schon in 4 Wochen ist der nächste Talentabend. Hätten Sie nicht Lust..."

"Auf gar keinen Fall!" platzte es aus Chakotay heraus, als er von Panik ergriffen hochfuhr und Kathryn todernst ansah. "Ist ja schon gut!" lachte Janeway und machte eine beschwichtigende Geste. "Ich habe gekriegt was ich wollte."

Erleichterung durchfuhr den Ersten Offizier. Er hatte diesen Auftritt vielleicht gut absolviert. Aber das änderte nichts an seinem Horror vor Darbietungen dieser Art - sofern sie von ihm selbst stammten.

Er lächelte, umfaßte ihre Taille und zog sie an sich heran. Janeway spürte seine warmen Lippen auf ihrem Nacken. Sanfte Küsse, die immer wieder durch gemurmelte Helge-Zitate unterbrochen wurden. "Die Verbindung ist ideal...Du und ich, ideal!...Wildes Mädchen...Schüttel dein Haar für mich..."

"Was?!" Janeway brach in Anbetracht der Absurdität dieser Situation in Lachen aus. Sie ließ sich auf das Bett fallen und zwang Chakotay somit seine Umarmung zu lösen. Sie schlug sich die Hände vors Gesicht und versuchte die Tränen aus ihren Augenwinkeln zu wischen.

Chakotay lächelte. Captain Kathryn Janeway, ausgelassen, in einem Bett, zusammen mit ihrem Ersten Offizier. Seit Jahren hätte es so sein können. Die Verbindung war in der Tat ideal. Er war so glücklich wie schon lange nicht mehr. Vielleicht sogar so glücklich, wie nie zuvor in seinem Leben.

Er beugte sich über sie und sah sie an. Janeway bemerkte diesen Verführer-Blick, den sie von ihm nur allzu gut kannte und versuchte sich wieder zu beruhigen. Bewußt regelmäßig und tief atmend - aber immer noch lächelnd - sah sie ihn an. "Nun, was hieltst du von dieser kleinen Privatvorstellung?" fragte er, während sein Gesicht näher kam und sein Blick ihre Lippen fixierte.

Ein schelmisches Grinsen erschien auf ihrem Gesicht, als sie antwortete:
"Nun, mein Herz weitete sich zu einem saftigen Steak!"

Beide verloren bei diesem Kommentar ihre Beherrschung und zum ca. 100sten mal an diesem Abend brachen sie in Lachen aus.

  

  

Drei Tage später befanden sich Tom, Seven sowie Janeway und Chakotay im astrometrischen Labor. Seven hatte einige Problem mit der Telemetrie des Labors und zu allem Überfluß war auch noch die Antigrav-Einheit, die Tom zum Shuttlehangar zurückbringen wollte, zusammengebrochen. Dabei wollte Tom doch nur vorbeischauen, um zu sehen, ob er der Ex-Borg helfen konnte. Und jetzt würde ihn Lieutenant Drake aus dem Hangar eine Standpauke halten. Drake war äußerst pedantisch, wenn es um technische Geräte aus seiner Abteilung ging - die Kommandostruktur war ihm in diesem Fall egal.

Großartig! dachte Tom resigniert.

Seine Lage -- und auch seine Stimmung -- verbesserten sich nicht, als Janeway und Chakotay eintrafen.

"Nun, was die Telemetrie angeht, Seven..." sagte Chakotay "...werden wir Ihnen wohl Fähnrich Kim zur Seite stellen. Er wird sich zweifellos freuen mit Ihnen zusammen arbeiten zu dürfen..." Seven wirkte unberührt. Wie immer.

"Und was die Antigrav-Einheit betrifft, Tom..." wandte sich Chakotay an den Piloten. "Nun, das prangere ich an. Sie wissen doch, wie Drake reagiert."

"Was?!" Tom fühlte, wie ein Gefühl aus Unverständnis und Panik in ihm hochstieg.

"Ja, genau!" bekräftigte Janeway Chakotays Urteil. "Im Moment ist das Ding doch nicht mehr zu gebrauchen. Da kann man jetzt 'ne Makrone drauftun, oder 'n Ferrero Küsschen..."

"Lassen wir's zwei sein!!!" sagten Chakotay und Janeway gleichzeitig. Und sie schienen das auch noch sehr lustig zu finden.

Langsam geht mir das auf die Nerven! Seit drei Tagen geht das schon so. dachte Tom.

"Ich werde sofort mit der Reparatur beginnen, Captain!"

"Tja Lieutenant, das kann man machen, kann man aber auch lassen!" war Janeways verwirrender Kommentar, während sie sich schon mit Chakotay Richtung Ausgang bewegte. "Besser machen, Tom!" rief Chakotay über die Schulter hinweg und Tom war froh das typische Geräusch der Tür zu hören, die sich hinter den beiden kommandierenden Offizieren schloß. Verständnislos und genervt wandte er sich an die Ex-Borg, als er sagte: "Eines sage ich Ihnen, Seven. Lange halte ich diese "humoristische Verschwörung der anderen Art" nicht mehr aus!" Sevens Reaktion bestand im Heben einer Augenbraue.

Als Janeway und Chakotay später zum Abendessen im Casino erschienen und an ihrem Lieblingstisch Platz genommen hatten, sahen sie wie Tom, B'Elanna und Harry auf sie zukamen. Auf allen drei Gesichtern zeichnete sich ein verschlagener Blick und ein mysteriöses Lächeln ab.

"Oh oh! Sieht mir ganz nach einer Verschwörung aus!" murmelte Kathryn, als sie die drei erblickt hatte. Sie hob den Kopf, um sie zu grüßen.

"Tach Captain Janeway!" brachte Tom in einer - inzwischen vertrauten - Klangfärbung heraus. "Hab Sie auf der Brücke gesehen. Neneneneneeee!"

Verständnislos und vollkommen überrumpelt starrten Janeway und Chakotay die drei an.

"Tja, wir wollten Sie nur wissen lassen: Bei diesen Sprüchen -- da wird man ja bekloppt von!!" ergänzte B'Elanna.

"Genau!" setzte Harry ein. Wie lange hatten die drei für diesen Auftritt wohl trainiert? "Und deshalb nun, zu etwas völlig anderem..."

"Wir haben Holodeck 1 für heute abend reserviert -- und ich habe ein ganz spezielles Comedyprogramm ausgegraben: Monthy Python' s Flying Circus! Ich denke es wird Ihnen gefallen!" Ein zufriedenes Lächeln erschien auf Toms Gesicht, als er die Zustimmung der kommandierenden Offiziere erkannte.

"Britischer Humor, Lieutenant?" fragte Chakotay. "Wir nehmen die Einladung gerne an!"

  

  

THE END

Ich würde die Schuld an der Idee gerne Helge Schneider und der Truppe um
Monthy Python in die Schuhe schieben.

Sehnsüchtig erwartetes Feedback an Susan74656@aol.com

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copyright © 2000 by Susan