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Parodien >> Der Indianer im Küchenschrank

Es war dunkel in seinem Quartier. War er noch nicht aufgestanden? In 30 Minuten würde seine Schicht beginnen und normalerweise war er immer pünktlich zum Frühstück erschienen.

Heute morgen jedoch nicht.

Sie trat in das Hauptzimmer des Quartiers. "Computer: Licht!"

Und dann hörte sie ihn wimmern - aus seinem Schlafzimmer. Sie runzelte die Stirn und ging in die Richtung, aus der das Geräusch kam.

"Chakotay?" fragte sie vorsichtig, als sie auch diesen Raum dunkel vorfand. Ein klagendes Jammern war die Antwort.

"Ist es immer noch wegen gestern?"

Wieder bekam sie ein Jammern zur Antwort - diesmal vorwurfsvoller. Ungeduldig verzog sie das Gesicht. "Computer: Licht!"

Der kleine Raum wurde erhellt und Chakotay drückte seinen Kopf tiefer in die Kissen.

"Jetzt steh schon auf. Dein Brückendienst beginnt in einer halben Stunde!" Sie zog ihm die Bettdecke weg und tatsächlich erhielt sie eine Antwort. "Ich werde heute nicht aufstehen. Ich werde nie wieder dieses Quartier verlassen!"

Ein mitleidiges Grinsen formte sich auf Kathryns Gesicht. "Jetzt übertreib doch nicht!" Sie setzte sich zu ihm aufs Bett und begann seinen Rücken zu streicheln. "So schlimm war es doch nun auch nicht!" Eine derartige Untertreibung weckte seine Aufmerksamkeit. Chakotay rappelte sich auf und sah seinen Captain entsetzt an. "Wenn ich nur daneben gestanden hätte, während du dich vor den gesamten Führungsoffizieren blamierst - und dank Tom Gegenstand von Klatsch und Tratsch für die nächsten 30 Jahre wärst - fände ich das auch nicht schlimm. Obwohl ich wenigstens ein bißchen Mitleid und Verständnis für dich aufgebracht hätte..." Er schaute sie trotzig an.

"Du brauchst mein Mitleid nicht, Chakotay! Diese unbedeutende Sache wird den Ersten Offizier dieses stolzen Schiffes doch nicht aus der Bahn werfen! Zeig ihnen, daß du über diesen Dingen stehst und tritt deinen Dienst an!"

Chakotay machte den Eindruck ernsthaft über ihre Worte nachzudenken. Sie konnte sehr überzeugend sein. Doch dann verwandelte sich sein Gesicht wieder in diese leidgeprüfte, trotzige Miene und er ließ sich wieder antriebslos in die Kissen fallen.

"Nein, ich bin zu beschämt, um dieses Bett jemals wieder zu verlassen." Er starrte an die Decke und dachte darüber nach, wie es wäre die nächsten 58 Jahre in diesem Quartier zu verbringen.

Einen Moment lang schwiegen beide, dann begann Kathryn zu lächeln.

Ihr Gesicht war plötzlich ganz nah und Chakotay konnte ihren warmen Atem auf seiner Haut spüren, als sie sagte: "Bist du auch zu beschämt, um mich zu küssen?"

Ahhm.

Nicht wirklich...

  

  

___________Circa 10 Stunden früher_________

  

Es war dunkel. Und eng. Sehr eng. Und es roch nach talaxianischen Gewürzen!

Aber es war ein exzellentes Versteck! Und lange würde er es hier ja nicht aushalten müssen. Chakotay hockte zusammengekauert in dem leersten Schrank, den er in Neelix' Küche hatte finden können. Er schätzte, daß er nicht mal 1mal1 Meter groß war und je länger er in diesem Ding verbrachte, desto unbequemer wurde es - und dieser unerträgliche Geruch fiel ihm immer mehr auf.

Wie hatte er sich auch nur auf dieses bescheuerte Spielchen einlassen können?!

Es war ihr Charme. Ganz sicher. Sie hatte ihn dazu überredet. Wieder einmal! "Laß uns etwas Verrücktes tun, Chakotay!" hatte sie gesagt. Er war froh, daß er sie davon abbringen konnte nackt auf der Brücke zu tanzen.

Dann doch lieber "Verstecke spielen". Es klang harmlos. Und es war auch überaus... aufregend gewesen, als er sie in Jeffries Röhre 17 gefunden hatte.

Aber jetzt hockte er seit 10 Minuten in Unterhosen im leeren und dunklen Kasino und wartete daruf gefunden zu werden - oder daß die Zeit um war. Langsam reichte es ihm. Das war ein dämliches Spiel! Chakotay bemühte sich in eine Position zu gelangen, die es ihm erlaubte aus diesem Gefängnis herauszukommen, als er plötzlich Schritte hörte.

Neelix!

Der Talaxianer war auf seinem allabendlichen Kontrollgang durch sein Terrain - seine geheiligte Küche. Er schaltete das Licht ein, kontrollierte noch einmal, ob die Energiezufuhr abgestellt war - und ob die Schränke verschlossen waren.

Sie waren es.

Bis auf einen.

Stirnrunzelnd beugte sich Neelix zu dem Schrank hinunter, in dem Chakotay den Atem anhielt, aus Angst entdeckt zu werden, und verriegelte ihn von außen, schimpfend, daß er es beim ersten Rundgang übersehen hatte. Dann trollte er sich.

*Großartig! In der Falle eines Gnoms!*

Chakotay verdrehte ungläubig die Augen. Das durfte doch nicht war sein. Er betete, daß dies nur ein Alptraum war. Aber nachdem er sich zum 10. Mal geohrfeigt hatte, um wach zu werden, mußte er einsehen, daß dies so real war wie der Umstand, daß er hier nur mit Unterhosen bekleidet saß und die nächsten 10 Stunden eingesperrt blieb, bis er unter dem Gelächter der frühstückenden Crew befreit würde.

Chakotay begann zu fluchen. Auch sämtliche Verwünschungen, die er durch B'Elanna aufgeschnappt hatte. Er war so weit neue Flüche zu erfinden, als er plötzlich Kathryns Stimme hörte.

"Chakotay, bist du hier?" Sie stand im Eingang zum Kasino.

"Kathryn! Hier drüben!" Neugierig folgte sie der verzweifelten Stimme. "Es ist okay, du hast gewonnen. Komm jetzt raus." Kathryn hob überrascht eine Augenbraue, als sie bemerkte, wie verärgert ihr Erster Offizier war. "Sehr witzig, Kathryn! Das würde ich ja gerne tun, aber leider bin ich seit 30 Minuten in diesem Schrank eingesperrt. Und dieser Troll... Er hat...!!"

Kathryn kniete sich ungläubig vor den kleinen Schrank, in dem Chakotay ohne Zweifel gefangen war. "...ihn verschlossen!" beendete Kathryn den Satz und sah auf das elektronische Schloss hinab.

Und dann begann sie zu lachen.

Eswar ein lautes, unkontrollierbares Lachen.

Chakotay wurde wütender.

"Schön, daß dir die Komik dieser Situation nicht entgeht. Und jetzt hol mich hier raus!"

Nachdem sich Kathryn wieder beruhigt hatte, machte sie sich daran das Schloss zu untersuchen.

Sie blickte nicht durch.

"Dieser gerissene kleine Talaxianer hat hier sein ganz persönliches unkaputtbares Schloss erfunden. Es widersteht jedem Zugangscode, den ich eingebe!"

Chakotay wurde immer nervöser und verzweifelter. "Ich hasse ihn. Dieser verdammte Troll. Schon diese widerlichen Haare im Gesicht! Verdammter Schrank! Verdammtes Schloss... Eigentlich ist alles deine Schuld, Kathryn. Du hast mich zu diesem Schwachsinn überredet..."

Auch Kathryn wurde wütender, als sie sich weiterhin erfolglos an dem Schloss zu schaffen machte. "Du bist selbst Schuld! Und das einzige was mir wirklich leid tut, ist, daß dieser verdammte Schrank nicht schalldicht ist!" Chakotay setzte zu einer trotzigen Antwort an, als Kathryn erneut einen Code eingab und sagte: "Wenn du jetzt den Mund halten würdest? Ich glaube ich hab es gleich!"

Und dann begann das Schloss plötzlich zu piepen.

*

In seinem Quartier wurde Neelix durch ein ohrenbetäubendes Geräusch aus dem Schlaf gerissen.

"Der Küchenalarm!"

Entgeistert sprang er aus dem Bett, schnappte sich den Phaser und den Kommunikator unter seinem Kopfkissen und rannte aus seinem Quartier.

*

Im Korridor vor dem Kasino warteten sämtliche Führungsoffiziere auf Neelix - und auf eine Erkärung. Die meisten waren in Pyjamas gekleidet - außer natürlich Seven. Fragend und ratlos blickten sie einander an. Dann kam Neelix um die Ecke gerannt - mit einem Phaser bewaffnet. "Mr.Neelix! Was geht hier vor?" verlangte Tuvok - das Purpur seines Schlafanzuges tat seiner Autorität keinen Abbruch - nach einer Erklärung. Verzweifelt rang der Talaxianer nach Luft, bis er schrie: " Was tun Sie alle noch hier draußen?! Der Küchenalarm wurde ausgelöst. Irgendein ruchloses Crewmitglied reißt sich gerade sämtliche Schokoladenchips unter den Nagel!"

Tuvok fiel es erstaunlicherweise sehr schwer nicht mit den Augen zu rollen. Dieser Talaxianer weckte Emotionen in ihm - negative Emotionen. "War es dafür wirklich nötig die gesamten Führungsoffiziere um 23.27 Uhr aus dem Schlaf zu reißen?"

"Warten Sie, Tuvok!" unterbrach Harry den Vulkanier und wandte sich dann an Neelix.

"Meinen Sie die Schokoladenchips, die Sie so perfekt hingekriegt haben, daß man denken könnte, sie seien nach dem Rezept meiner Großmutter gemacht?"

Neelix nickte eifrig.

"Die Schokoladenchips, die Sie nur einmal im Jahr machen, weil die Zutaten so selten sind, und die Sie deshalb rationieren müssen?"

Harrys Augen glühten vor Glück, als Neelix wiederum nickte.

"Commander!" sagte er fest entschlossen zu Tuvok. "Neelix hat sich vorbildlich verhalten. Dies hat höchste Priorität!"

Und dann stürmten Harry und Neelix das Kasino. Kopfschüttelnd folgte der Rest der Führungsofffiziere.

*

"Was hast du getan? Warum piept dieses verdammte Ding?" Chakotay klang panisch.

"Ich weiß es nicht. Es scheint eine Art Alarm zu sein."

"Großartig!"

"Großartig? Ich habe nur versucht dich hier rauszuholen und jetzt beschwerst..."

Kathryn wurde von einem ohrenbetäubenden Lärm unterbrochen. Eine Art Angriffsschrei? Sie stand auf und brachte genügend Abstand zwischen sich und den schicksalhaften Schrank. *Bloß nicht verdächtig wirken!* Sie erblickte Harry und Neelix - beide ungemein aufgeregt - und dahinter den Rest ihrer Führungsoffiziere. Das könnte peinlich enden.

"Captain, Sie sind der ruchlose Vielfraß?"

"Wie bitte? Nein! Wovon reden Sie eigentlich?" Neelix kümmerte sich nicht weiter um den Captain und stürzte statt dessen in seine Küche - dicht gefolgt von Harry - um die Chipsbestände zu kontrollieren.

Tuvok musterte Kathryn aufmerksam. Sie fühlte sich plötzlich unwohl in ihrem kurzen Nachthemd.

"Mr. Neelix sagte mir, er hätte sie nicht erreicht."

"Nun, ähh..." Kathryn warf einen nervösen Blick in Richtung Küche. Bis jetzt war Chakotay noch unentdeckt geblieben. "Ein Captain spürt, wenn seine Crew ihn braucht, deshalb bin ich hier!" Tuvok hob eine Augenbraue - ein sicheres Zeichen dafür, daß er ihr kein Wort glaubte.

Währenddessen schrie Harry aus der Küche: "Es sind noch alle 8 kg Schokoladenchips da. Juhu!" Dann lief er rot an, aber keiner kümmerte sich darum. Ihre Aufmerksamkeit war auf etwas Spektakuläreres gerichtet.

Neelix stand an dem vermeintlichen Schrank und werkelte am Schloss herum. "Commander Tuvok! Irgend jemand hat sich an diesem Schloss zu schaffen gemacht!"

Die Führungsoffiziere betraten die Küche, um einen guten Blick auf den Ort des Geschehens werfen zu können. Dann öffnete sich die Tür ruckartig - und ein fast nackter Chakotay fiel aus dem Schrank - direkt vor die Füße sämtlicher Senioroffiziere.

Die reagierten sehr unterschiedlich auf die überraschende Wendung. Während Tom und B'Elanna verblüfft den Mund aufrissen und Seven sowie Tuvok interessiert eine Augenbraue hoben, schlug Kathryn peinlich berührt die Hände vors Gesicht und versuchte ein verdächtiges Seufzen zu unterdrücken.

Chakotay lag in Fötusstellung auf dem Boden. Schweißperlen bildeten sich auf seiner rotangelaufenen Stirn und er bemühte sich wirklich darum im Boden zu versinken.

Erwartungsgemäß gelang ihm das nicht und so mußte er sich der Situation wohl oder übel stellen.

Er hob den Kopf, zwang sich zu einem nervösen Lächeln und stammelte eine Erklärung: "Ich muß mich wohl... eingeschlossen haben... Hehe... im Schrank... Tja... war wohl etwas... orientierungslos... he..."

Die Senioroffiziere blickten ihn ungläubig an - und brachen dann in schallendes Gelächter aus, das, nachdem sie Janeways wütenden Blick bemerkten, sofort wieder verstummte.

Kathryns Gedanken rasten. Woher nahm sie jetzt eine plausible Erklärung? Die Wahrheit kam nicht in Frage. Sie konnte sich das Getuschel vorstellen - und die Übertreibungen. "Der Captain hat mit dem Commander verstecken gespielt - nackt! Und dann haben sie es im Kasino getan - in einem Küchenschrank!"

Aber als Captain besaß man Macht. Flucht nach vorn. Beschuldigung Unschuldiger, Vertuschung der Tatsachen, Behinderung der Ermittlungen!

"Sie!" Mit einem zornigen Gesichtsausdruck wandte sie sich an Neelix, der vor Schreck zusammenzuckte. "Als Verursacher einer derartigen Situation würde mir an Ihrer Stelle nicht zum Lachen zumute sein!"

"Ich? Aber..." setzte der Talaxianer zu einer Verteidigung an. Aber Kathryn fiel ihm mit lauter werdender stimme geschickt ins Wort. "Haben Sie Commander Chakotay heute nicht Ihre dilettantische Imitation vulkanischer Kanapees vorgesetzt?"

"Ja, aber 12 weitere Crewmitglieder..."

"Aha, Sie geben es also zu! Und wußten Sie nicht, daß der Hauptbestandteil dieses "Nahrungsmittels" bei Menschen indianischer Abstammung starke Verwirrung und Orientierungslosigkeit auslösen kann?"

"N...nein, das..."

"Aufgrund Ihrer Unumsichtigkeit ist der Commander nun in dieser mitleiderregenden Situation und hat sich vor Ihnen allen lächerlich gemacht!"

Chakotay verdrehte die Augen. "Ja, danke Kathryn. Sprich es aus!" murmelte er verzweifelt. Sie warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. Dann reichte sie ihm die Hand und half ihm hoch. "Ich werde mich jetzt um den Commander kümmern!" Sie führte Chakotay in Richtung Ausgang, drehte sich dann noch einmal um und sagte (nicht sehr überzeugend): "Das wird ein Nachspiel haben, Mr. Neelix!"

Dann verließen die beiden das Kasino.

Die Führungsoffiziere sahen sich verblüfft an, bis Tom sprach: "Ja, genau. Und ich wette das hier war das Vorspiel!"

Diesmal war Kathryn nicht da, um das Gelächter zu stoppen.

  

  

THE END

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