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<Freie Stories>
 

Nr. 005 - Die Warnung

-- Erster Teil --

Mit einem Mal saß Wesley Crusher kerzengerade im Bett. Schweißgebadet, mit jagendem Atem. Das Herz schlug ihm bis in den Hals.

Ringsum war es still. Ein Traum?

Aber woher kam dann die Angst? Seit wann ängstigten ihn Träume? Er war doch kein Kind mehr.

„Computer, Licht", sagte er, und im Zimmer wurde es hell.

Er stand auf. Angelte nach seinen Schuhen, zog einen Bademantel über. Etwas war geschehen. Etwas war... falsch. Angst, immer noch, ein Gefühl von Bedrohung. Irrational. Dennoch ertappte er sich bei einem hastigen Blick über die Schulter. Und noch einem. Still, zu still, weshalb hatte die Stille etwas Lauerndes?

Nimm dich zusammen, dachte er. Da ist doch nichts.

Er ging zur Tür, hinaus in den Wohnraum. Sein Schatten ging ihm voran.

Wohin jetzt? Nach was suchte er eigentlich?

Er fuhr herum. Was? Nichts. Stille. Licht fiel aus seinem Schlafzimmer in das dunkle Wohnzimmer. Er spürte den dünnen Schweißfilm auf seiner Stirn. Angst. Wegen einem Alptraum, an den er sich nicht einmal erinnern konnte. Absurd.

Daß er sich so gar nicht erinnern konnte - an gar nichts...

Die Tür öffnete sich mit leisem Summen vor ihm. Draußen der Gang, hell erleuchtet und totenstill. Menschenleer.

Zur Krankenstation, dachte er. Seine Mutter hatte noch Dienst. Vielleicht hatte auch sie etwas bemerkt.

Das Licht erschien ihm fahl. Kein Mensch schien unterwegs zu sein. Die Gänge dehnten sich endlos in alle Richtungen. Er verspürte den Wunsch zu rennen. Hinter ihm war niemand. Oder doch? Ein Blick über die Schulter zeigte nur den leeren Korridor. Er ging schneller. Dort - die Ecke, der Turbolift. Wesley atmete auf, wischte sich die Stirn.

Die Tür des Turbolifts öffnete sich. Er fuhr zurück. Ein paar Sekunden traute er seinen Augen nicht. Was -?

Das Mädchen mit dem Bath’leth in der Hand starrte ihn an. „Was ist los, Wesley? Willst du mich nicht vorbeilassen?"

„Aber... aber Orianna..." stammelte er.

„Was denn? Ich gehe doch nur zum Training." Sie drückte sich an ihm vorbei. „Oh, Wesley. Wenn du zu Rickys Party gehst, kannst du ihm sagen, daß ich später komme? Ich habe noch zu tun."

Sie winkte ihm mit dem Bath’leth zu, bevor sie um die Ecke verschwand. Wesley starrte ihr nach. Dann schloß sich die Tür des Lifts vor seinen Augen.

Orianna übte doch nicht mit dem Bath’leth? Und was für eine Party?

Der Gang zwischen dem Turbolift und der Krankenstation war leer. Wie spät es wohl sein mochte? Gammaschicht, dachte er. Seine Schritte hallten in der Stille. Schon kroch die Angst wieder an ihn heran. Die letzten Meter rannte er beinahe.

Beverly Crusher sah erstaunt aus, als ihr Sohn hereingestürzt kam. „Wesley, was ist denn los?" Sie stand bei dem großen Monitor an der Wand und gab Daten ein. Außer ihr war niemand im Raum.

Wesley hielt inne. Mit einem Mal kam er sich albern vor. Was wollte er hier eigentlich?

„Ich kann nicht schlafen. Ich hatte so ein dummes Gefühl... als stimmte etwas nicht. Vielleicht habe ich auch geträumt. Ist irgend etwas passiert?"

Beverly lächelte. „Nein. Vielleicht solltest du nicht so viel arbeiten."

Sie legte den Tricorder fort. „Ich kann dir etwas zum Einschlafen geben." Sie ging mit schnellen Schritten zu einem Regal hinüber. Ihr blauer Labormantel blähte sich hinter ihr. Noch immer war niemand anderes hereingekommen. Wesley sagte: „Es ist ziemlich ruhig heute nacht, oder?"

„Natürlich. Was sollte denn auch los sein?" Beverlys Stimme war überrascht. Sie drehte sich wieder um, ein Hypospray in der Hand. „Da", sagte sie, während sie ihm das Spray auf den Handrücken drückte. Er hörte das vertraute Zischen. „Und jetzt geh wieder schlafen. Ich habe zu tun."

Er ging zögernd zur Tür. Dabei bemerkte er eine blinkende Anzeige auf einem der Monitore. Er trat näher. Die Außensensoren meldeten erhöhte Konzentrationen von Hythrium in dem Sektor, den sie soeben durchflogen. Wesley runzelte die Stirn und verließ die Krankenstation.

Draußen vor der Tür blieb er stehen. Die Unruhe, die ihn hergeführt hatte, war plötzlich zurückgekehrt. Es war zu ruhig gewesen dort drinnen. War seine Mutter wirklich ganz allein?

Zur Brücke, dachte er. Ich gehe zur Brücke.

Auch wenn er in Schlafanzug und Bademantel ziemlich merkwürdig aussehen würde.

Er ging schnell zurück zum Turbolift. Einmal sah er sich um. Noch immer war ihm, als würde er beobachtet. Der Weg schien endlos zu sein. Was ging hier vor? Plötzlich wußte er, er mußte auf die Brücke. Es war nicht nur seine Einbildung. Die Erklärung würde auf der Brücke zu finden sein.

Als die Turbolifttür sich wieder öffnete, stolperte er fast. Er sah nach unten. Fast hätte er aufgeschrien. Vor seinen Füßen lag ein Toter. Blaue Uniform, kurzgeschnittenes blondes Haar. Leutnant West. Das Gesicht verzerrt, starrend aus offenen Augen. Eine Hand um einen Tricorder gekrallt.

Wesley sah wieder auf, und der Atem stockte ihm.

Ein paar Meter entfernt auf der Rampe noch ein Körper. Groß, breitschultrig, ein Phaser in der ausgestreckten Hand. Das Gesicht war nicht zu sehen. Aber Wesley brauchte kein Gesicht zu sehen. Die gelbe Uniform, die langen dunklen Haare. Der klingonische Sicherheitschef des Schiffes, Leutnant Worf.

Benommen tat Wesley die paar Schritte zum Geländer hin. Stille, tödliche Stille. Er wollte nicht sehen, was er zu Gesicht bekommen würde. Aber er hatte keine Wahl. Und er sah.

Data, bewegungslos in seinem Sitz. Fähnrich Cortez über ihrer Konsole zusammengesunken. Commander Riker in der Mitte des freien Raums vor den Kommandosesseln, den Arm vor das Gesicht gerissen. Neben ihm der Captain, eine Hand auf der Brust. Fast als schlafe er, wären nicht die in die Uniform gekrallten Finger gewesen.

Und Counselor Troi auf dem Boden vor ihrem Stuhl, einen Arm nach Riker ausgestreckt. Als hätte sie bei dem ersten Offizier Schutz gesucht.

Und auf dem Bildschirm... Flackern. Gelb und rot, seltsame Formen, fast als...

Wesley Crusher saß kerzengerade im Bett. Das Herz schlug ihm bis in den Hals. Er spürte den Schweiß auf seiner Stirn.

-- Zweiter Teil --

Es war noch eine halbe Stunde Zeit, bevor er aufstehen mußte. Aber an Schlaf war nicht mehr zu denken. Er stand auf, duschte und zog sich an. Seine Gedanken schossen wild durcheinander. Verstört, erschrocken, ratlos. Er hatte noch nie zuvor einen solchen Traum gehabt. War es überhaupt ein Traum gewesen? Natürlich, dachte er. Einfach ein besonders lebendiger Alptraum. Was denn sonst? Aber etwas in seinem Inneren sagte: Nein. Es war kein Traum.

Ob er jemandem davon erzählen sollte? Aber wem?

Er wollte schon ins Wohnzimmer gehen, als sein Blick auf seinen privaten Monitor fiel. Eine Anzeige blinkte. Es war eine Nachricht für ihn gekommen.

Er ging zum Schreibtisch und drückte eine Taste. Die Nachricht erschien auf dem Bildschirm.

PARTY HEUTE 20.00. DIENST IST KEIN ARGUMENT. JEDER IST EIN ALIEN - FAST ÜBERALL. HIER SOWIESO.

Normalerweise hätte Wesley jetzt breit gegrinst. Ricky, der Idiot. Heute war ihm nicht nach Grinsen zumute.

Hatte Orianna nicht von einer Party bei Ricky gesprochen? Und wenn sie nur eine Figur seines Traumes gewesen war... Woher hatte er dann heute nacht schon von der Party gewußt?

Der Appetit auf Frühstück war ihm vergangen. Während er einen Becher Kaffee trank, versuchte er zu überlegen. Natürlich, es war absurd. Aber wenn der Traum etwas bedeutete, würde heute noch etwas Entsetzliches geschehen. Vor Rickys Party. Aber was? Er begann sich Vorwürfe zu machen. Hätte er in seinem Traum doch genauer achtgegeben. Hätte er wenigstens die Toten näher angesehen. Er schauderte bei dem Gedanken.

Das war doch alles Unsinn. Ricky veranstaltete öfter Partys. Und Orianna trieb Aikido, aber kein Bath’leth-Training.

Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Wenn seine Mutter sich erinnerte, daß er nachts in die Krankenstation gekommen war...

Er rannte los in Richtung Turbolift.

Beverly Crusher unterhielt sich mit Schwester Ogawa, als Wesley hereinkam. Sie blickte hoch und runzelte die Stirn. „Wesley, hast du heute keinen Dienst?"

„Doch", sagte er atemlos. „Ich habe aber noch Zeit. Sag mal, bin ich heute nacht hiergewesen?"

„Heute nacht?" fragte Beverly erstaunt. „Wieso?"

„Ich hatte einen ganz merkwürdigen Traum. Ich wollte nur wissen, ob es nicht doch passiert ist."

„Oh!" Sie lächelte. „Soviel ich weiß, warst du nicht hier. Und ich war die ganze Nacht da. Meine Schicht ist gerade um."

„Okay", sagte Wesley. Er drehte sich um und ging zur Tür zurück. Dabei bemerkte er einen Monitor an der Wand. Er trat näher und studierte die Anzeigen. „Stand da nicht irgendwas von erhöhten Hythriumkonzentrationen?"

„Hythrium?" wiederholte Beverly. „Wesley, wach auf. Das hier ist die Krankenstation. Wir brauchen die Ergebnisse der Außensensoren hier nicht."

„Ja, natürlich", sagte er schnell. Damit machte er sich auf den Weg zur Brücke.

So früh es war, Captain Picard war schon anwesend. Er stand neben Leutnant Worf und sah auf die Waffenkonsole hinunter. Wesley setzte sich an seinen Platz und nickte Commander Data zu. „Guten Morgen, Data."

„Guten Morgen, Wesley", antwortete der Android mit seiner hellen, präzisen Stimme. Wesley sah sich rasch um. Der Captain war noch immer beschäftigt. Er beschloß seine Befürchtungen zu testen. „Data", fragte er leise, „sind die Hythriumkonzentrationen da draußen erhöht?"

Data sah ihn überrascht an. „Ja, das sind sie. Sie sind in den letzten Stunden stetig gestiegen."

„Was bedeutet das?"

„Das ist uns nicht bekannt. Dies ist unerforschter Raum. Wir scheinen uns einem Nebel zu nähern, in dem die Konzentrationen zweifellos noch sehr viel höher sein werden."

Beunruhigt fragte Wesley: „Über das Element ist nicht viel bekannt, oder?"

„Das ist richtig. Es kommt sehr selten in solcher Konzentration vor, und seine Eigenschaften haben sich als sehr rätselhaft erwiesen."

Wesley kam zu einem Entschluß. Er drehte seinen Stuhl und stand auf. „Captain, darf ich Sie einen Augenblick sprechen?"

Picard und Worf sahen gleichzeitig auf. Der Captain wirkte überrascht. Worf sah verständnislos und beinahe empört aus. Aber dann sagte Picard: „Meinetwegen, Mr. Crusher" und ging voran zu seinem Bereitschaftsraum.

Wesley wartete, bis Captain Picard hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. Dann sagte er: „Sir, dies wird ziemlich merkwürdig klingen. Ich mache mir Sorgen."

„Sorgen weshalb, Mr. Crusher?"

Wesley holte tief Atem. „Ich hatte letzte Nacht einen Alptraum. Ich hatte ein Gefühl von Unheil, und als ich auf die Brücke kam, waren alle Brückenoffiziere tot. Ich würde Ihnen das normalerweise nicht erzählen. Aber es kamen mehrere Dinge darin vor, von denen ich nichts gewußt hatte. Zwei davon sind heute morgen eingetreten."

„Sie meinen, Sie hatten einen prophetischen Traum?" Captain Picards Augen waren kalt. Träume, Visionen - das war nun einmal kein Gebiet, auf dem der Captain sich zu Hause fühlte.

Wesley schluckte krampfhaft. „Ich weiß es nicht, Sir. Aber es könnte sein." Vor seinem inneren Auge sah er das Bild aus seinem Traum. Er würde alles tun, um zu verhindern, daß es so weit kam.

„Einmal angenommen, Sie haben recht, Mr. Crusher - was würden Sie vorschlagen?"

„Das ist es ja gerade, Sir. Ich weiß es nicht."

Picards Ausdruck wurde noch etwas verschlossener. „Das ist nicht eben viel."

„Nur eins könnte ich mir denken. In dem Traum kamen erhöhte Konzentrationen von Hythrium vor. Das war eins von den Dingen, die seither eingetreten sind. Sie steigen immer noch."

„Und?" Wesley hätte am liebsten geseufzt. Der Captain machte es ihm nicht leichter.

„Sir, vielleicht... fliegen wir auf etwas zu, das wir lieber vermeiden sollten."

„Ich glaube nicht, daß die Sternflotte Ihre Befürchtungen akzeptieren würde. Auch ich kann es nicht. Wir haben einen Auftrag, Mr. Crusher. Das muß Ihnen doch klar sein."

„Sir, bitte." Beinahe hätte Wesley ausgesprochen, wie er ihn in seinem Traum gesehen hatte. Leblos zwischen all den anderen. Daß er sich nichts Schlimmeres vorstellen konnte. Daß Picard ihm mehr bedeutete als jeder Auftrag der Sternflotte. Aber er tat es nicht. Stattdessen sagte er: „Lassen Sie mich ein paar Dinge mit den Sensoren probieren. Vielleicht finde ich ja etwas Ungewöhnliches."

„Gut. Solange Sie mein Schiff darüber nicht in den nächsten Stern steuern." Captain Picard erhob sich, und Wesley verstand, daß die Unterredung zu Ende war. Aber statt an seinen Platz zurückzukehren, ging er schnell zu der Tür mit der Aufschrift „Waschraum", die sich auf der Steuerbordseite der Brücke befand. Kaum im Inneren, tippte er auf seinen Kommunikator. „Wesley Crusher an Orianna Silva."

Es dauerte einige Sekunden, bis er eine Antwort bekam. „Wesley, was ist denn los?" fragte Oriannas überraschte Stimme. „Das muß das erste Mal sein, daß du mich über die Sprechanlage rufst."

„Ja, ich weiß, aber es ist wichtig. Orianna, lernst du mit dem Bath’leth zu kämpfen?"

Wesley konnte Oriannas erstauntes Gesicht beinahe vor sich sehen. „Ja, aber ich habe vorgestern erst damit angefangen. Meine nächste Lektion ist heute nachmittag. Warum willst du das wissen?"

„Ich erkläre es dir ein anderes Mal." Nein, das konnte nicht alles Zufall sein. Wesley nutzte die Gelegenheit, seine schwitzenden Hände zu waschen, bevor er zu seiner Station zurückkehrte.

Als nächstes rekonfigurierte er die Sensoren. Er ließ sich die steigenden Hythriumwerte anzeigen, versuchte aber daneben eine Anzeige zu bekommen, die das Element ignorierte. Es war schwieriger, als er gedacht hatte. Die Strahlung schien alles andere zu überlagern. Er betrachtete die flackernden Anzeigen und überlegte, ob er den Captain warnen sollte. Aber Data hatte noch kein Wort gesagt. Hieß das nicht, daß all das noch im Rahmen des Normalen war?

„Captain", sagte Data jetzt. „Wir nähern uns einem nicht verzeichneten Nebel. Er scheint Ausgangspunkt der Hythriumstrahlung zu sein."

„Auf den Schirm", befahl Picards Stimme.

Weit vor ihnen erschien ein Schimmer. Rötlichgelb. Etwas verschwommen an den Rändern. Arme wie ein Spiralnebel. Fast wie Tentakel. „Was ist das?" flüsterte Deanna Troi.

„Ein solches Phänomen wurde bisher noch nicht beobachtet", erklärte Data unberührt. „Es handelt sich um eine stark lokalisierte Erscheinung. Die Hythriumschwaden scheinen eine Art Verlängerung der Spiralarme darzustellen."

„Erscheinungen wie diese gibt es in klingonischen Legenden", sagte Worf. Wesley meinte Besorgnis in seiner Stimme zu hören. Wenn Worf besorgt klingen konnte. „Es gibt Kräfte, die von der Lebenskraft anderer leben. Keine Waffe kann sie besiegen. Sie sind nicht Teil unserer Welt."

„Klingt interessant", sagte Riker leichthin. „Eine Art lebendes Schwarzes Loch?" Selbst in seiner Stimme begann etwas wie Unruhe mitzuklingen. „Sollen wir uns das mal ansehen?"

Nein, dachte Wesley.

„Ja", sagte der Captain. „Aber vorsichtig. Halbe Impulskraft, Mr. Crusher."

„Halbe Impulskraft", wiederholte Wesley. Innerlich stöhnte er. Der Nebel begann den Hauptbildschirm zu füllen, ein rötlichgelbes Flackern.

„Captain." Data sprach es aus, bevor Wesley den Mund öffnen konnte. „Die Hythriumwerte werden nicht mehr angezeigt. Die Sensoren scheinen überlastet zu sein."

„Besteht eine Gefahr für die Crew?"

„Die Strahlung ist ungefährlich. Aber sie blockiert unsere Sensoren, Sir. Es wird immer schwieriger, neben ihr..."

„Captain!" Es war Counselor Trois Stimme. Sie klang angespannt. Ohne sich umzudrehen, meinte Wesley, ihr Stirnrunzeln zu sehen. „Dort vor uns ist etwas - ein Bewußtsein. Etwas, das von unserer Anwesenheit weiß."

„Eine Lebensform?"

Wesley spürte, wie seine Schultern sich verspannten. Trois Antwort klang zögernd. „Nein. Nichts, was ich eine Lebensform nennen würde. Eine Art... Aufmerksamkeit."

„Schutzschilde, Mr. Worf!" rief Commander Riker.

„Captain", sagte Wesley, „die Sensoren sind jetzt fast nutzlos. Dieses Hythrium blockiert alles andere. Ein paar Energiefluktuationen, ziemlich merkwürdig. Sonst nichts."

„Was meinen Sie mit merkwürdig?" fragte Picard scharf.

Bevor Wesley antworten konnte, sagte Data: „Es ist sehr unwahrscheinlich, daß ein solches Muster natürlichen Ursprungs ist. Unter anderen Umständen würde ich sagen, die Abfolge weist auf Intelligenz hin."

„Unter anderen Umständen, Mr. Data?" Die Stimme des Captain begann ungeduldig zu klingen.

„Ja, Sir. Nichts hier deutet auf eine Lebensform hin, wie Counselor Troi bereits bemerkte."

„Es ist der Nebel", entfuhr es Wesley.

„Mr. Crusher?" Picards Stimme klang näher. Er stand beinahe hinter ihm. Wesley versuchte ruhig zu sprechen. „Sir, was immer es ist, es wartet dort vorn auf uns."

„Woher wollen Sie das wissen?"

„Ich habe das schon einmal gesehen. Dieses Flackern." Beinahe hätte er hinzugefügt: In meinem Traum.

„Sir", sagte Worfs tiefe Stimme warnend. „Ich glaube nicht, daß unsere Waffen viel dagegen ausrichten können. Ich empfehle den Rückzug."

„Und das sagen Sie von allen Leuten?" fragte Riker. An seiner Stimme konnte Wesley hören, daß auch er jetzt aufgestanden war. Riker und der Captain mußten genau in der Mitte der Brücke stehen. Wieder schoß das Bild aus seinem Traum durch seine Gedanken. Bitte, Sir, dachte er, wir müssen weg hier. Aber was sollte er tun?

Rötliches Licht wanderte über die Brücke. Tastend. Die Reichweite des Dings war viel größer, als er angenommen hatte. Wesley hörte Counselor Trois Stimme hinter sich. Nur ein Wort. „Captain!"

Er konnte sich nicht umsehen, nur verzweifelt auf seine Konsole starren. Dann endlich kam das erlösende Wort. „Mr. Crusher, bringen Sie uns raus hier!"

Picards Stimme klang rauh. Fast atemlos. Wesley brauchte keine zweite Aufforderung. „Kurs sieben - eins - neun -"

„Energie!" fiel Picard ihm ins Wort.

Ein rotes Licht flackerte über die Brücke, als die Enterprise einen engen Bogen beschrieb und davonschnellte. Eine Sekunde lang schienen die Tentakel zu zucken. Dann waren sie im freien Raum. Auf Wesleys Konsole gingen die Hythriumwerte langsam zurück.

Eine Weile wußte niemand etwas zu sagen. Dann sagte der Captain: „Ich danke Ihnen allen für Ihre Reaktionen. Vor allem Ihnen, Mr. Crusher."

Stimmt nicht, dachte Wesley. Sie haben mich dazu nicht gebraucht. Jedenfalls wollte er das glauben. Wie nahe sie der Katastrophe wohl gewesen waren?

Hinter seinem Rücken hörte er Commander Riker fragen: „Was war das eigentlich?"

„Ich weiß es auch nicht", antwortete Troi. „Es war ein Bewußtsein, aber ein sehr fremdes Bewußtsein. Und es war uns nicht wohlgesonnen."

„Mr. Data", sagte der Captain. „Schicken Sie eine Nachricht an die Sternflotte. Schiffe, die in diesen Sektor kommen, sollten gewarnt werden. Vielleicht ist es möglich, diese Erscheinung aus größerer Entfernung zu untersuchen." Dann hörte Wesley ihn leiser hinzufügen: „Vielleicht gibt es ja auch Dinge, die besser im Dunkel bleiben."

Es war ein sehr ungewöhnlicher Satz für Captain Picard. Wesley beugte sich über seine Konsole, damit man seinen Gesichtsausdruck nicht zu deutlich sah. Womöglich hätte man ihm angemerkt, was er dachte.

Wenn Sie das sagen, Captain.

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